Daten Sammelwut
Dr. Michael Seibel • (Last Update: 24.02.2014)
Was wissen wir über einen einzelnen Menschen, wenn wir alle Datensätze, die heute über ihn gesammelt werden, zusammentragen:
Finanzielle Transaktionen
Einkäufe, online wie off line
Daten von Haushaltsgeräten
Web-Protokolle aus einem Browser oder einer mobilen App
Verbindungsdaten von SMS und Telefonaten
Standortdaten von vernetzten Geräten,
vom Smartphone bis zur Digitalkamera
Verkehrsdaten aus einem Navigationsgerät, einem Fahrzeug oder in die Straße
eingebetteten Sensoren und Mautstationen
Sensordaten aus ganzen Fertigungsstraßen oder Warenlagern, von Containern und einzelnem Stückgut
Biometrische und Vitaldaten vom Fitness-Studio bis zum Krankenhaus
Einträge im Internet und in sozialen Medien
Video- und Tondateien
Wissen wir dann nicht mehr über ihn als er selbst?
Oder wissen wir ganz im Gegenteil noch nichts? Weil wir all diese Daten noch nicht »totalisiert« haben, wie Sarte es genannt hätte? Erinnern wir uns, wie Sartre Ende der 70er Jahre eine ähnlich gigantistische Frage in seiner Untersuchung über Flaubert durchexerziert hat.
- »
Was kann man heute von einem Menschen wissen? Eine Antwort auf diese Frage schien mir nur durch die Untersuchung eines konkreten Falles möglich:
Was wissen wir zum Beispiel über Gustave Flaubert? Diese Frage beantworten heißt, die Informationen, die wir über ihn haben,
zu totalisieren. Nichts beweist zunächst, ob eine solche Totalisierung möglich und ob die Wahrheit einer Person nicht plural ist.; die Informationen sind ihrer Art nach sehr verschieden (...)
« (J.P.Sartre, Der Idiot der Familie, Hamburg 1977, S.7)
Was bei Sarte folgt, sind einige tausend Seiten des Nachdenkens über einen einzelnen Menschen und sein Werk: über Gustave Flaubert eben.
Gibt es irgend etwas einer Totalisierung entsprechendes, das nötig wäre, um Big Data Sinn abzugewinnen?
Die Frage der Totalisierung wäre also zu stellen - und offenbar wird massiv »totalisiert«.
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